Im Alter

Walter Rütt versuchte sich in der Folge als Rundfunkreporter und arbeitete kurzzeitig als Repräsentant für das Berliner Fahrradgeschäft Machnow. Seine klägliche Rente besserte er auch damit auf, Kindern und Erwachsenen das Radfahren beizubringen.

Bis ins hohe Alter pflegte er die Gewohnheit, ausschließlich mit kaltem Wasser zu duschen. Zur Erhaltung seiner Beweglichkeit absolvierte er täglich 100 Kniebeugen.

Für ihn war es eine Selbstverständlichkeit, sein umfangreiches Fachwissen weiterzugeben. Im "Radsport", dem amtlichen Organ des Bundes Deutscher Radfahrer, schrieb er in der Kolumne "Hier spricht Walter Rütt" ungezählte Artikel zu Training, Taktik und gesunder Lebensführung.

Privatfoto 1957

Ein Leben auf Papier erzählt

1957 erschien im "Radsport" unter dem Titel: "Interessante Anekdoten und Episoden aus meinem sportlichen Leben" seine 23 Folgen umfassende Autobiographie. Sie schloss mit den Worten:

"War dies das Ende? Nein! Denn da waren noch viele Meisterschaftsrennen, denen ich beiwohnen, noch viele Sechstagerennen, bei denen ich im Geiste unter meinen Kameraden sein konnte. Da würde es noch Versammlungen und Zusammenkünfte aller Art geben, in denen mein Rat erwünscht war, der Rat der Alten, deren Haar im Kampf um den Erfolg so weiß geworden war, wie es das meine jetzt ist. Und vor allem würde eine Jugend auf mich warten, der ich mit Rat und Tat beizustehen vermochte, zum Wohle der Leibesübungen und eines künftigen, besseren Lebens."

Paul Langhoff trifft Walter Rütt

Aufeinanderreffen von zwei Generationen beim Berliner Sechstagerennen 1961. Walter Rütt im Gespräch mit dem Bielefelder Ex-Profi Paul Langhoff aus dem Dürkopp-Rennstall.

Das Sammeln von Steinen hatte der Senior zum Hobby erkoren, auch für eine Partie Schach war er stets zu begeistern. Man sah ihn fast nur noch im Kreis der Alten und hin und wieder bei einem Aschenbahnrennen oder im Sportpalast. Er freute sich, wenn man ihn ansprach, um seine Meinung bat und er aus seinem reichen Erfahrungsschatz berichten durfte.

Am 23. Juni 1964 um 14:00 Uhr erlag Walter Rütt in seiner Steglitzer Wohnung einem Herzinfarkt. Der sofort herbeigerufene Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen.

An der Beisetzung auf dem Friedhof Steglitz nahmen nur wenige enge Freunde teil. Das Grab des einst gefeierten Sportlers geriet bald in Vergessenheit und wurde schließlich vom Grün überwuchert.

Epilog

 „Was habe ich in meinem Leben für Radrennbahnen befahren?

Solche, die es waren, solche, die es werden konnten
und solche, die es nie gewesen sind
und auch nie wurden.
Ich habe Bahnen befahren aus Zement und Holz,
aus Asphalt und Asche, aus Erde und Lehm
aus Gras und Makadam.

Ich fuhr auf Trabrennbahnen und Galoppbahnen,
auf Kricketplätzen und Marktplätzen,
auf Strandstraßen und Landstraßen,
auf Bürgersteigen und Fahrraddämmen,
in Tanzsälen und Schlachthäusern,
in Waffenhallen, Museen und anderen Innenräumen,
die kein Mensch für die Abhaltung von Radrennen
geeignet gehalten hätte.“


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